Bertram Thiel

Quelle:  VLW-Mitteilungen März/April 2006
[in Ergänzung des abgedruckten Artikel aus der Saarbrücker Zeitung vom 18.02.2006]

Wie mobilisiert man Lernpotenziale von Schülern durch Mündliche Kommunikation? 

 

Wie kann man Schülerinnen und Schüler stärker für den Unterricht motivieren? Wie lernen Schüler(innen) souveräner zu arbeiten? Wie aktiviert und stärkt man sogenannte Team- und Sozialkompetenzen?

Antworten auf solche Fragen zu geben, war Ziel der Vortragsveranstaltung am 16.02.2006 im KBBZ Neunkirchen, in der Matthias Simmer, Anna-Elisabeth Biskup und Dr. Marita Pabst-Weinschenk als Referenten auftraten (vgl. hierzu Presseartikel der SZ vom 18.02.06 in diesem Heft).

Anlass dieser Veranstaltung war eine viertägige kollegiale Weiterbildung zum Thema „Lernstandards für mündliche Kommunikation im Unterricht“, welche im letzten Jahr von fast der Hälfte des Kollegiums – in einer Alterspanne von 29 bis 61 - absolviert wurde.

Matthias Simmer betonte die Bedeutung der mündlichen Kommunikation an wirtschaftsberuflichen Schulen, insbesondere im kaufmännischen Bereich. Gerade hier müssten Unterrichtsgegenstände in hohem Maße verbal und im Dialog veranschaulicht werden. Der eigentliche Gegenstand des Lernens sei – im Gegensatz zu vielen technischen Berufen – meist nicht sichtbar und brauche daher eine konzentrierte kommunikative Vermittlung, damit Lernerfolge nachhaltig würden. Auch sei es ein wesentliches Merkmal der von Bertram Thiel entwickelten Fortbildung, dass die sonst passiven Schüler in eine aktive Rolle gebracht werden. Die absolvierte Weiterbildung im kommunikativen Bereich stärke die wesentlichen kommunikativen und arbeitsmethodischen Schlüsselkompetenzen der Schülerinnen und Schüler und ermögliche es, auch nachhaltige Lernprozesse in Gang zu setzen und zu halten.

 
Anna-Elisabeth Biskup
unterrichtet am KBBZ Neunkirchen die Fächer Deutsch und Französisch: „Diese Weiterbildung hat einen Punkt getroffen, der mich schon lange bewegt hat: die Schüler stärker zu aktivieren und dafür zu sorgen, dass sie  souveräner arbeiten.

Es ist für mich verblüffend, was sich neuerdings im Unterricht abspielt (z. B. in drei Fachoberschulklassen). Ich mute den Schülerinnen und Schülern wesentlich mehr zu und diese arbeiten obendrein bereitwillig und motiviert mit.“

Durch diese kompakte Weiterbildung habe sich die Arbeitsatmosphäre und Leistungsbereitschaft der Klassen deutlich verbessert. Statt ´nicht gemachter Hausaufgaben´ könnten jetzt handfeste Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler bewundert werden. Diese wiederum würden den Vorträgen ihrer Klassenkamerad/innen mit anhaltendem Interesse folgen. Es würden daher auch viele echte Fragen gestellt. Die Gesprächsfähigkeit der Schüler – übrigens ein zentrales Lernziel, welches die Kultusministerkonferenz allen Schulen inzwischen mit auf den Weg gegeben hat - stehe im Mittelpunkt des Unterrichts. Diese zentrale kommunikative Kompetenz sei Dreh- und Angelpunkt vieler Aktivitäten.

„Theoretisch war mir auch früher schon Vieles klar, ich denke, es war die kompakte praxisbezogene Darbietung dieser Weiterbildung, welche kommunikative und arbeitsmethodische Kompetenzen gezielt für die Unterrichtspraxis darbot und von daher den notwendigen Willen zur Umsetzung gegeben hat...

Ich könnte noch eine Stunde über verblüffende Ereignisse weitererzählen... und bin dankbar, dass ich durch dieses Seminar den notwendigen Mut gefasst habe. Das ist schon der richtige Weg.“

  
Dr. Marita Pabst-Weinschenk wies auf die sprechwissenschaftliche Fundierung der Weiterbildungskonzeption von Bertram Thiel hin, welche auch die kommunikationspädagogischen Anforderungen der DGSS mit einbeziehe. Lehrerinnen und Lehrer müssten in der Lage sein, kommunikative Prozesse zusammen mit den Schülern aktiv zu gestalten. Ziel sei die „Beteiligung der Beteiligten“.

 Wer mehr über den ganzheitlichen Ansatz der Sprechwissenschaft / Sprecherziehung und ihre Übungsmethoden erfahren möchte, kann über die Internetseite

www.unterrichtskommunikation.de
(Bereich „Links“)

einen umfangreichen PDF-Download ihres Vortrages erhalten.

Frau Pabst-Weinschenk hielt übrigens am selben Tag nachmittags am Landesseminar für Pädagogik und Medien (LPM) einen Vortrag zum Thema „Wie kann man in nur wenigen Unterrichtsstunden ein Rhetorik-Projekt an Schulen erfolgreich verwirklichen?“ Da diese Veranstaltung sehr kurzfristig zustande kam, wird es im nächsten Jahr auch eine Ganztagsveranstaltung zu dieser Thematik geben, welche im LPM-Heft angekündigt werden wird.

 

 

Überreichung der DGSS-Teilnahmezertifikate
am KBBZ Neunkirchen

(v. l.: Jürgen Hänsgen, Marita Pabst-Weinschenk, Bertram Thiel – Seminarleitung und Konzeption)

 

 

Wie denken Schülerinnen und Schüler über diese Unterrichtsmethode?

Nachfolgend einige Äußerungen von ´beteiligten´ Fachoberschülern:

„Diese ungewohnte, aber recht Erfolg bringende Unterrichtsform hat für mich den Vorteil, Vieles besser zu verstehen und mich besser in das jeweilige Thema integrieren und mitdenken zu können.

Diskussionen sind bei dieser Unterrichtsform sehr wichtig, denn man hört auch andere Meinungen, die zwar subjektiv, aber öfters auch einleuchtend sind.

Im Besonderen habe ich gelernt, dass man auch ohne viel von der Tafel abzuschreiben gute bis sehr gute Unterrichtsergebnisse erzielen kann. Man wird meiner Meinung nach viel mehr gefordert. Denn die Umstellung von Schreiben auf Zuhören ist quasi nicht mehr vorhanden, so kann man sich besser den Rednern widmen.

Meine Selbständigkeit hat sich in der Weise erhöht, etwas aus eigener Kraft herzuleiten und mich weiterzuentwickeln. Meiner Meinung nach lernt man solche Kräfte nur durch diese Unterrichtsform kennen. 

Meine Kreativität ist verbal durch diese Diskussionen sehr gestiegen und die visuelle Kreativität durch Mind-Maps ist auch besser geworden. Diese Unterrichtsform verbindet meiner Meinung nach Spaß mit einem guten bis sehr gutem Lerneffekt.

Diese Art von Unterricht kann ich sehr empfehlen, denn so wird auch der Zusammenhalt in der Klasse gestärkt, man lernt seine Mitschüler zu akzeptieren und Meinungen zu tolerieren.

Bei dieser Unterrichtsform sind meine Teamfähigkeit (Präsentationen), Sozialkompetenz und mein Selbstbewusstsein sehr gestärkt worden.“

 

Weitere Schüleräußerungen in Kurzdarstellung (Klasse 12):

 

stärkerer Bezug der Schüler zum Unterricht
aufgelockerter Unterricht
abwechslungsreich
man lernt mit anderen im Team zu arbeiten
Anregung zu selbständigem Denken.
Diskussionen dieser Art fördern die Bildung der eigenen Meinung
eigene Kreativität wird angeregt
positiv für die Entwicklung der Persönlichkeit
man wird nicht unter Druck gesetzt.
solche Diskussionen fördern die Teamfähigkeit
diese Unterrichtsform macht zudem auch mehr Spaß ...

 

„Durch ausführliche Diskussionen lernt man genauer zuzuhören und effektiver zu argumentieren.

Man könnte diese Form des Unterrichts auch auf andere Fächer übertragen, um den Schülern den Stoff verständlicher zu machen und näher zu bringen.“

 

 

Welches sind die Kernpunkte dieser Weiterbildung?

 

Zentrales Lernziel ist die Ausbildung der Gesprächskompetenz einer Schulklasse. Die Schüler orientieren sich hierbei an und lernen von der Kommunikationskompetenz des/der Unterrichtenden.

Die oft passive Schülerrolle wird nach und nach in eine aktive transformiert, so dass konzentrierte und innovative Lernprozesse zustande kommen, welche die Lernenden – je nach Reifegrad und Unterrichtsfach – zum großen Teil selbst steuern.

Der Lehrer wird zunehmend Initiator, Begleiter und Berater dieser Lernprozesse.

Dabei hat auch das traditionelle Unterrichten einen festen Platz – nur mit dem bedeutenden Unterschied, dass die Schüler dieser Unterrichtsform nun interessierter und konzentrierter folgen (können). Beide Lernmethoden widersprechen sich nicht, sie ergänzen sich zu einem ganzheitlichen und nachhaltigen Gesamtlernprozess. Man spricht hier auch von einem konstruktivistischen Lernprozess, welcher individuelles und gruppenbezogenes Lernen integriert.[1]

 Die Weiterbildung besteht aus insgesamt neun ineinander greifenden Modulen (Unterrichtsprinzipien); diese sind sozusagen Konstitutionselemente einer gelingenden Kommunikation. Sie sind nicht – nach Rezeptart - additiv adaptierbar, sondern werden in dieser Weiterbildung integrativ und synergetisch erfahren[2].

 Um mit Schulklassen erfolgreich nach dieser Methode arbeiten zu können ist es jedoch nicht erforderlich, stets alleneun Module zu implementieren. Wesentlicher ist es, dass die Lehrkraft das Wesen dieser Unterrichtsprinzipien verinnerlicht hat. Vieles im Unterrichtsgeschehen läuft ab diesem Moment reibungsloser und mit mehr Motivation aller Beteiligten ab. Somit können unnötiger Stress und vorzeitige Erschöpfung bei Schülern und Lehrern vermieden werden: Alle Beteiligten erleben sich in gewisser Weise neu und der Unterricht wird immer häufiger zu Erlebnis und Sinn-Erfahrung. Um mit Hellmut Geißner zu sprechen: „Sinn ist nicht – Sinn geschieht.“

  

Für Interessent/innen dieser Weiterbildung:

Über die LPM-Veranstaltung „Lernstandards für mündliche Kommunikation im Unterricht“ können sich über die Homepage

 www.unterrichtskommunikation-saarlande.de

informieren; zudem können Sie über Matthias Simmer (LPM: MSimmer@lpm.uni-sb.de,  06897 7908148) oder Bertram Thiel (Bertram.Thiel@t-online.de, 06841 982367) gern weitere Auskünfte erhalten. Im LPM-Heft finden Sie diese Weiterbildung unter „Abrufveranstaltungen“.

 


[1] Insofern lebt auch das Selbstorganisierte Lernen (SOL) von einer erlernten und praktizierten Kommunikationskultur, d. h. von der Kommunikationskompetenz bzw. Gesprächsfähigkeit aller Beteiligten.

 

 

 

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